Im aktuellen Strafrecht sind die Möglichkeiten, wirksam gegen Narzissmus vorzugehen äußerst begrenzt. Zwar ist es grundsätzlich möglich, narzisstischen Missbrauch, der sich insbesondere durch Schuldzuweisungen, Ghosting, Gaslighting und Entwertung auszeichnet, auch strafrechtlich über den § 223 StGB (Körperverletzung) zu ahnden, allerdings ist dafür ein auf richterliche Anordnung hin erstelltes klinisches Gutachten nötig, das einen manifesten psychopathologischen Zustand nachweist. Deutlich ausgedrückt: Das Kind muss in den Brunnen gefallen sein, bevor dem Geschehen auf diesem Wege Einhalt geboten werden kann. Zudem muss nachgewiesen werden, dass der Täter für die vorliegenden Schäden verantwortlich ist.
Auch der § 225 StGB (Misshandlung Schutzbefohlener) erweist sich im Falle narzisstischen Missbrauchs als unzureichend, weil narzisstische Eltern ihre Kinder in aller Regel nicht grob körperlich misshandeln, sondern eben emotional/psychisch. In Beziehungen, sozialen Gruppen und Unternehmungen beuten Narzissten ihre Partner und Mitmenschen schonungslos finanziell und emotional aus. Regelmäßig taucht dabei das Motiv des Partnerschafts- und Eheschwindlers, mitunter des Demagogen auf, der jegliches Unterfangen einzig und allein mit dem Ziel beginnt, sich auf Kosten anderer Vorteile zu verschaffen und sich dabei möglichst öffentlichkeitswirksam, wenn auch realitätsfern, zu inszenieren. Zu schaffen sind daher folgende neue Straftatbestände im StGB.
Charakterlosigkeit
1) Wer die Hilfsbereitschaft, den guten Willen oder die Unterlegenheit anderer dazu benutzt, sich selbst zu bereichern oder Ansehen zu gewinnen oder ohne redlichen Anlass andere finanziell, in ihrem Selbstwert oder ihrem Ansehen schädigt wird mit Geldstrafe bestraft. Der Tatbestand wird dadurch festgestellt, dass der Täter von sich aus nicht genug unternommen hat, den entstehenden Eindruck abzuwenden. Fehlende Einsicht befreit den Täter nicht.
2) Wer dies nachweislich systematisch, regelmäßig oder in gravierender Weise tut, wird mit Freiheitsentzug oder Geldstrafe bestraft.
3) Bei systematischem, regelmäßigem oder gravierendem Vorgehen kann ein Richter die Persönlichkeits- und Bürgerrechte des Täters in Bezug auf dessen Wirken in sozialen Rollen und Funktionen mit Verantwortung einschränken, wenn davon auszugehen ist, dass diese nicht zur Genüge erfüllt werden können oder davon eine Gefahr für unmittelbare Dritte oder das Gemeinwohl ausginge.
Verstoß gegen das Sittengesetz
1) Wer eine Handlung vollzieht, deren Maxime nicht geeignet ist, als allgemeine Regel zu dienen, hat eventuelle Schäden, die er verursacht zu erstatten und nach Vorgabe eines Richters Maßnahmen zu ergreifen, die charakterlichen Defizite, die zu diesem Handeln geführt haben, zu beseitigen.
Siehe hierzu: Grundgesetz
Täuschung
1) Wer eine Beziehung, Ehe, soziale oder wirtschaftliche Unternehmung beginnt und die Beteiligten dabei nicht über die wahrheitsgemäßen Motive zu diesem Unterfangen aufklärt oder Versprechungen macht, die er offensichtlich nicht halten kann, wird mit Geldstrafe oder Freiheitsentzug bestraft.
2) Der Tatbestand wird dadurch festgestellt, dass der Täter von sich aus nicht hinreichende Bemühungen unternommen hat, um den entstehenden Eindruck abzuwenden. Fehlende Einsicht befreit diesen nicht.
3) Bei systematischem, regelmäßigem oder gravierendem Vorgehen kann ein Richter die Persönlichkeits- und Bürgerrechte des Täters in Bezug auf dessen Wirken in sozialen Rollen und Funktionen mit Verantwortung einschränken, wenn davon auszugehen ist, dass diese nicht zur Genüge erfüllt werden können oder davon eine Gefahr für unmittelbare Dritte oder das Gemeinwohl ausginge.
Weltweit hat die Forschung in den letzten Jahrzehnten weitgehend übereinstimmend festgestellt, dass Bestrafung, insbesondere härtere Bestrafung im Allgemeinen nicht zu einem sozialverträglicheren Verhalten führt. So stellt etwa eine 2016 veröffentlichte Studie des Bundesministeriums der Justiz[1] fest, dass Täter, die mit freiheitsentziehenden Sanktionen belastet werden, ein höheres Rückfallrisiko haben, als solche, die mit milderen Sanktionen belegt wurden. Weiterhin kommen auch Studien in Bezug auf die Abschreckungswirkung der Todesstrafe immer wieder zu dem Schluss, dass diese Wirkung sich nicht belegen lässt. So etwa das Fazit einer Dissertation an der Universität Heidelberg aus dem Jahr 2013[2], sowie die Argumentation von Amnesty International[3]. Sollte man das Bestrafen also grundsätzlich abschaffen? Dass die Rechtswissenschaften weltweit offenbar wie der Ochse vorm Berg stehen, wird schnell deutlich, wenn man sich überlegt, dass man bei den Methoden der Bestrafung meist nicht besonders einfallsreich ist. Es kommen allein die Geldstrafe, der Freiheitsentzug und, wo sie vollstreckt wird, die Todesstrafe zur Anwendung. Dass man mit diesen Mitteln offensichtlich nichts erreicht, bedeutet aber nicht, dass sämtliche Maßnahmen der Resozialisation, was ja der eigentliche Zweck des Strafens ist, erfolglos bleiben müssen.
Die Strafpraxis in Deutschland und anderen westlichen Staaten hat im vergangenen Jahrhundert Abstand genommen vom Prinzip des Täterstrafrechts, das Menschen anhand unliebsamer Charaktereigenschaften bestraft und setzt seitdem fast ausschließlich auf das Prinzip des Tatenstrafrechts, wobei allein konkrete Taten bestraft werden und wenig nach der charakterlichen Entwicklung eines Menschen gefragt wird. Weiterhin sollte mehr die Wirkung einer Tat beim Opfer berücksichtigt werden. Es gibt eine generelle Neigung, das Verwerfliche beim Täter zu suchen, wo es in einer oft unklaren Intention vermutet wird. Tatsächlich geschieht es aber beim Opfer, nämlich dann, wenn etwas Wertvolles zerstört wird, ohne dass verbunden damit etwas Neues entsteht.
Damit Strafen, beziehungsweise Resozialisierungsmaßnahmen aber erfolgreich sein können, müsste der psychologische Werdegang von Tätern, sowie die Auswirkung von deren Verhalten auf andere Menschen im Verfahren erforscht und diskutiert werden, um dann Maßnahmen zu ergreifen, welche die offensichtlich bislang ausgebliebene Charakterentwicklung fördern.
So muss ein Mensch, der aus Unreife Straftaten begeht, natürlich völlig anders gefördert werden, als jemand, der gezielt Betrügereien begeht, um sich zu bereichern. Ein Mensch, der aus Feigheit und fehlendem Mut seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, hat auf richterliche Anordnung einige Runden Sparring in einem Boxverein zu absolvieren oder mit einem Fallschirm aus einem Flugzeug abzuspringen. Ein Narzisst, der ein schwaches oder nicht vorhandenes Selbst durch Grandiosität kompensiert und dabei auf Unterstützung von außen angewiesen ist, wird zu acht Wochen Isolation verurteilt, in der er gemäß den Umständen keine narzisstische Nahrung erhält, dadurch kollabiert und sein grandioses Selbst verliert. In dem so induzierten geistig und emotional empfindlichen Zustand können dann Methoden der Verhaltens- und Gesprächstherapie angewandt werden, die andernfalls erfolglos blieben, weil der Narzisst sie als Firlefanz abtun würde.
In anderen Straffällen mag man dagegen sogar zu dem Schluss kommen, dass ein an sich straffähiges Verhalten angesichts einer besonderen Situation sogar gerechtfertigt war. Solange man so einfallslos am Menschen vorbei „bestraft“, wie das aktuell der Fall ist, braucht man sich nicht zu wundern, dass die eigentlich gewünschte Sozialisation oder Resozialisation ausbleibt. Sinnvoll wäre eine grundlegende Überarbeitung des Strafrechts in der genannten Weise, bei der die charakterliche Entwicklung des Menschen im Vordergrund steht.
[1]https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachpublikationen/Legalbewaehrung_nach_strafrechtlichen_Sanktionen_2010_2013.pdf?__blob=publicationFile&v=4
[2]https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/16641/1/Folter_Christian.pdf
[3]https://www.amnesty.ch/de/themen/todesstrafe/argumente-gegen-die-todesstrafe